Bislang habe ich die spiegel-losen Systemkameras (auch gern Evil-Kameras genannt) immer gekonnt ignoriert und als Spielzeug abgetan. Vor kurzem kam ich nun in den Genuss einer Olympus PEN E-PM2* und habe mir, allen meinen Vorurteilen zum Trotz, die kleine PEN mal genauer angeschaut.
Ich möchte hier jetzt nicht genauer auf die Kamera eingehen, ein umfangreicher Testbericht dazu wird folgen, es geht vielmehr um den Vergleich meiner Canon Ausstattung mit der kleinen PEN bzw dem Sensor, welcher auch in der großen Schwester, der Olympus OM-D* (mittlerweile auch in meinem Besitz) verbaut ist.
Autofokus
Der Autofokus der kleinen PEN ist wirklich brutal schnell und steht einer erwachsenen DSLR in nichts nach. Ich kann weder den AF der Canon mit aufgeflanschten L, noch den der PEN unter Laborbedingungen messen, aber gefühlt ist der AF der Olympus mindestens gleich schnell wie der der 5D Mark II auf dem mittleren Feld.
Apro pros mittleres AF-Feld : Da die Olympus Kontrast-Autofokus nutzt, gibt es (wie bei DSLRs üblich) keine vordefinierte AF-Felder, die Kamera fokussiert dort, wo man es mit dem Finger auf dem Touchscreen vorgibt. Darüber hinaus lässt sich auch die Größe des Sensor-Feldes ändern und man kann für das anvisierte Fokusfeld auch eine LiveView Lupe aktivieren.
Die Kamera unterteilt das Display (wenn man möchte) in 35 gleichgroße Felder, die dann für den Autofokus ausgewählt werden können.
Achja, das Vorurteil, das Kontrast-Autofokus nicht zuverlässig arbeitet, sollte man bei der Kamera auch gleich vergessen. Der Autofokus sitzt. Immer.
Bildqualität
Ja, das ist so ein Thema für sich. Es soll ja Pixelpeeper geben, denen keine Kamera / Objektiv recht ist. Als Praktiker kann ich jedoch sagen, das die Bildqualität der neuen Olympus-Sensoren mehr als in Ordnung geht. Für ungeübte Augen waren an meinem 27″ iMac keinerlei qualitative Unterschiede sichtbar.
Und wie bei jedem System mit Wechselobjektiv gilt auch beim MFT-System : Das Objektiv entscheidet in erster Linie über die Bildqualität (Farbe, Kontraste, Auflösung etc) und NICHT der Sensor.
HighIso
Auch in dem für mich sehr wichtigen Bereich der hohen Iso Zahlen (Hochzeit : Kirche, abendliche Feierlichkeit… ) leistet sich die E-PM2 bis ISO 6400 keinen Schnitzer und verblüfft erneut. Hier einfach mal Vergleichbilder (Übersicht bzw. 100% Crops) der gleichen Szene, einmal von der 5D Mark II (rechts) und dem 16-35 2.8 bei 24mm und einmal von der Olympus OM-D (links) mit 12-50mm KitObjektiv bei 12mm, beide Male Blende f5.6 und ISO6400 bzw 3200 sowie AWB
Die Kameras waren auf einem Stativ montiert und lösten mit 2Sekunden Selbstauslöser auf. Fokus war auf den Fernseher oberes Drittel
RAW Dateien entwickelt mit Lightroom 4, nur mit den Defaulteinstellungen :
Das komplette Bild in der Übersicht – mein Wohnzimmer
ISO 3200
ISO 6400
Ein umfangreicher ISO-Shootout zwischen der 5D, 5D Mark II und der PEN E-PM2 wird folgen – versprochen.
Das Vorurteil, das kleinere Sensoren automatisch mit einem größeren Rauschen daherkommen empfinde ich daher als absolut überholt.
Dynamik
Olympus verspricht beim Sensor der E-PM2 / OM-D bis ISO800 eine Dynamik von über 11 Blenden. Schaut man mal bei DxOMark vorbei und vergleicht die OM-D mit meinen beiden vorhandenen Canon Bodys, so ist die Dynamik der kleinen Olympus bis ISO200 sogar besser und bei ISO400 nahezu identisch im Vergleich mit den Canon SemiPro DSLRs. Einfach Spitze!
Ab ISO 400 setzt sich die 5D Mark II durch, bietet bis ISO6400 aber auch nur ca 1/2 Blende mehr Dynamik. Bei ISO12800 treffen sich beide Gehäuse wieder bei ca 6,5 Blenden Dynamik.
Schaut man sich die anderen Kurven an, braucht sich auch dort der kleine Olympus Sensor vor den großen Vollbild-Sensoren aus dem Hause Canon nicht zu verstecken.
Siehe : -> Vergleich 5D Mark II / 5D Mark I / Olympus OM-D E5 bei DxOMark
Freistellung von Objekten und Cropfaktor 2
Das ist meiner Meinung nach so ziemlich der einzige Punkt, wo das Micro-Four-Thirds System patzt.
Ok, patzen kann man so nicht sagen, denn es ist kein Fehler im ursprünglichen Sinne, sondern hängt mit dem CropFaktor der µFT Kameras zusammen.
Der Cropfaktor von µFT Kameras (gegenüber Kleinbild-Sensoren) hat nicht nur Einfluss auf die Brennweite (ein 12mm Objektiv an µFT hat den gleichen Bildwinkel wie ein 24mm Objektiv an einer Vollformat DSLR), sondern auch auf die Anfangsblende.
Das heisst im Beispiel, ein 25mm 1.4 MFT-Objektiv hat zwar umgerechnet einen Bildwinkel von 50mm ,aber nur die Freistellung von einem KB-Äquivalent mit Blende 2.8.
Die brutale Freistellung, welche ich von meinem Canon EF 85 1.2L kenne, würde ich auch nicht mit dem lichtstarken MF Objektiv SLR Magic 50mm f0,95 (=Bildwirkung wie 100mm f2 an KB) nicht hinbekommen, aber auch damit lässt sich sehr gut leben….
Serienbildgeschwindigkeit
Für mich war die Serienbildgeschwindigkeit noch nie ein Grund, ein spezielles Gehäuse zu kaufen bzw es nicht zu kaufen, ich möchte das auch nur der Vollständigkeit halber erwähnen.
Während die 5D Mark I mit 3 Bilder/Sekunde bzw. die Mark II mit 3,9 Bilder/Sekunde eher gemächlich unterwegs sind, hat man bei der PEN E-PM2 bzw der OM-D rasante 9 Bilder/Sekunde. Diese Geschwindigkeit hält sie zwar nur für ca 3 Sekunden, was aber für den Schuss aufs Tor, den springenden Hund etc locker ausreicht.
Sucher
DSLR Kameras verfügen prinzipbedingt über einen optischen Sucher, wobei der Bildausschnitt, den das Objektiv „sieht“ über einen Spiegel, welcher sich vor dem Verschluss befindet, (daher der Name Spiegelreflex-Kamera) in den Sucher eingespiegelt wird. Neben dem eigentlichen Bild, welches das Objektiv sieht werden je nach Model noch mehr oder weniger Informationen über Blende, Verschlusszeit, ISO-Zahl, Belichtungskorrektur usw eingeblendet, auch die AF Felder sind sichtbar, das aktive zumeist leuchtend rot markiert.
Bei der Olympus OM-D bedient man sich eines elektronischen Suchers, d.h. im Sucherloch ist ein hochauflösendes Display verbaut, welches das Bild vom Sensor wiedergibt – LiveView halt.
Achja, die PEN kann mittels Aufstecksucher VF-2* um einen elektronischen Sucher erweitert werden, das Sucherbild ist mit 800×600 Pixel zwar nicht so hochauflösend wie das der OM-D, aber trotzdem farb- und kontraststark und eine deutliche Aufwertung der Kamera.
Die Möglichkeiten der Dateneinspiegelung sind unbegrenzt und ein elektronischer Sucher bietet viele Vorteile. So lässt sich zB für die manuelle Fokussierung eine Sucherlupe aktivieren, welche ein genaueres Fokussieren erlaubt als Schnittbild & Co. Dazu können wirklich ALLE Daten der Kamera mit eingeblendet werden inkl Histogram. Was ich persönlich auch toll finde ist die Warnung für ausgebrannte Lichter und abgesoffene Tiefen noch bevor das Foto entsteht – so kann viel besser auf die gewünschte Stelle im Foto belichtet werden.
Gehäuse
Die Canon 5D wie auch die Olympus OM-D verfügen beide über diverse Dichtungen, die dafür sorgen, das weder Staub noch Schmutz in das Gehäuse eindringen können. Der große Vorteil bei Canon ist aber. das es mittlerweile sehr viele abgedichtete Objektive gibt, die ebenfalls Dreck und Wasser wiederstehen… Beim µFT System gibt es zZ nur drei Objektive, welche abgedichtet sind, unter anderem das Kit-Objektiv der OM-D, das Olympus M.Zuiko 12-50mm f3.5-6.3*
Sensor-Reinigung und Bildstabilisator
Beide Gehäuse besitzen einen Mechanismus, um Staub vom Sensor zu schütteln. Darüber hinaus bietet die PEN E-PM2 genau wie die OM-D einen im Body integrierten Bildstabilisator, der unabhängig vom Objektiv seine Arbeit verrichtet.
Die Canon-Stabis in den Objektiven sind gut, keine Frage. Aber den Luxus des Stabis lässt sich Canon sehr gut bezahlen – alles andere bleibt unstabilisiert.
Den Ansatz von Olympus finde ich da deutlich besser, da unabhängig, welche Linse vorn aufgesteckt ist, stabilisiert wird. Also egal ob ein 12mm f2.o aus 2011 oder aber ein Nikon aus dem Jahr 1970…. Grad bei Videoaufnahmen zeigt der Stabi, was in ihm steckt.
Batterielaufzeit (Nachtrag)
Bei der Batterielaufzeit kann noch die EOS 5D punkten.
Während bei der OM-D / PEN E-PM3 nach rund 350 Aufnahmen (ohne Blitz) anscheinend Schluss ist (hab bis jetzt noch nicht so viele Akkuladungen mit den Olympus „verbraten“) schafft die Mark II mit einer Akkuladung (ohne LiveView) locker 1000-1100 Fotos. Während ich also problemlos mit einem Akku eine 8 Stunden Reportage fotografisch umsetzen kann, wären das bei den Oly´s schon 3 Akkuladungen. Da heisst es genug Reserve mitnehmen, damit einem unterwegs nicht der Saft ausgeht.
Wie sich die Akklaufteit der OM-D mit angesetzem Batteriegriff HLD-6* verändert, kann ich noch nicht sagen, weil das gute Stück (noch) nicht in meinem Besitz ist.
Mein Fazit zum Duell Olympus PEN E-PM2 / OM-D vs Canon 5D Mark II
Sind die Micro-Four-Thirds Gehäuse nun DSLR-Killer? Ja und nein, denn die aktuellen kompakten Olympus-Kameras zeigen ganz deutlich, was sich im Kompakt-Kamera Bereich in den letzten Jahren getan hat, in einigen Bereichen überholen sie die Spiegelreflex-Kameras meiner Meinung nach deutlich, zB beim Sucher – denn auch im Hause Canon/Nikon wird es den Spiegel nicht mehr lange geben. Davon bin ich fest überzeugt.
Wem die Freistellung über alles geht, der wird natürlich am Kleinbild-Sensor festhalten, denn da kann der kleiner MFT-Sensor physikalisch bedingt nicht aufschließen, wobei mit dem 25mm f0,95 Nokton schon richtig was geht….
Wie immer bleibt es eine persönliche Entscheidung, welches System den Vorzug bekommt. Meine Canon Ausrüstung wird die OM-D nicht komplett ersetzen, ich könnte mir aber sehr gut vorstellen, nächstes Jahr die OM-D auf Hochzeiten mit zunehmen, da grad der treffsichere und rasend schnelle Autofokus auf der abendlichen Party Gold wert ist 🙂
10 Antworten auf „DSLR Killer Micro Four Thirds (µFT) ?“
Hui,
das klingt Interesannt muss ich sagen.
Naja momentan zeichnet sich ja im allgemeinen der Weg ab, das man bald kein Speigelklackern mehr höret. Ob es die µFT Sensoren oder die Spiegellosen Systemkameras sind.
Nur im Studio kann ich es mir momentan noch nicht so recht vorstellen. Nicht der Bildqualität wegen, eher wegen der Haptik. Da die Kameras ja doch erheblich ‚weniger‘ in der Hand sind als nen großer Body.
Tja Daniel …. die PEN einpacken und nochmal bei mir vorbeikommen….. dann machen wir nen Studio Test!
Ja so ein Studio-Test wär cool, aber das wird wohl nich dauern…. Die OM-D kann man aber durch den zusätzlichen Batteriegriff „größer“ machen 😉
Schöner Artikel, fasst zusammen was ich dazu in etwa auch denke. aber wenn eine EVIL einmal mit Vollformatsensor kommt und AF-Hilfspixel auf dem Sensor (wahrscheinlich eineSony Nex) dann wird das Ende der DSLR abseits von Spezialbereichen wie etwa Sport eingeläutet.
Hallo Andreas,
ja ne Evil mit KB wär bestimmt ein Kracher, grad wenn sie bezahlbar ist (und nicht vom Schlage einer Leica M9). Wer weiß, evtl erfährt das FourThirds Bajonett eine Renaissance, damit sollten auch größere Sensoren einwandfrei funktionieren.
Kein Zweifel dass die Pen gut ist, aber auch die DSLRs haben sich weiterentwickelt.
So sagst Du beispielsweise der AF der Pen muss nicht hinter dem einer DSLR zurückstehen und vergleichst ihn mit der 5D mkII, aber ausgerechnet der AF der 5D mkII gilt in schwierigen Situationen als langsam und unzuverlässig, also was hilft mir dieser Vergleich?
Eindeutig klar ist, dass die Kompaktkameras den Reifegrad „gut genug“ erreicht haben und wie Andreas schon schreibt damit den DSLRs den Massenrang ablaufen könnten. Vorausgesetzt die Anwender merken das. Im Moment sehe ich immer noch mehr Zuwachs bei den DSLRs als bei den Kleinen – wer „ernsthaft“ fotografieren will scheint sich meinem Gefühl nach eher eine DSLR zu kaufen. Und erst wenn man die gehabt hat, kann man wirklich nachfühlen was an den Systemkameras besser ist (vor allem Gewicht).
Hallo Sam,
klar haben sich die DSLRs weiterentwickelt, aber es ist nach wie vor Unverschämt, das man für solch „Centartikel“ wie Wlan und GPS noch RICHTIG zur Kasse geben wird. War wirklich überrascht, als ich gelesen hatte, das in der 6D alles eingebaut ist. Tja, und in der 1000Euro teureren 5DMarkIII darf man halt für diese Features zusätzlich investieren.
Ich kann die PEN/OM-D nur mit den Kameras vergleichen, die ich hier liegen habe, und das sind zZ nur ne 5D Mark I, Mark II und Sigma SD1 Merrill (die ist aber… ähm… ich nehme sie nicht zum Vergleich). Der AF der Mark II ist bei ordentlichen Licht und auf dem mittleren Feld alles andere als langsam, grad mit einem L. Ich denke mal auch gegen den AF einer aktuellen Nikon würde es Gleichstand heissen bzw die Unterschiede wären so gering, das man sie nur im Labor messen könnte. Schau mal nach, es gibt die lustigsten Vergleiche zwischen der OM-D und DSLR XY… Steve Huff hat sogar die OM-D zusammen mit der Leica X2 mit einer D800 verglichen (HighIso) und die Kleinen schlagen sich wacker : http://www.stevehuffphoto.com/2012/05/31/crazy-comparison-the-olympus-om-d-e-m5-vs-nikon-d800-for-high-iso/
Und ernsthafte Fotografie hat nix mit der Wahl der Kamera zu tun, das weisst du aber auch. Ich denke „ernsthafte“ Fotografen oder die, die es gern wären, greifen zur Spiegelreflex, weil es eben eine Spiegelreflex ist (groß=Profi und so). Sicherlich haben die großen Bodys weiterhin ihre Daseinsberechtigung, aber die Einsatzgebiete, wo man an den Profi-Gehäusen nicht mehr dran vorbeikommt, werden immer weniger.
Keine MFT vom Schlage einer OM-D oder PEN, aber dennoch eine spiegellose Kamera ist vor ein paar Tagen in meinen Haushalt gezogen, die ihren Platz neben der D700 gefunden hat. Eine NEX-6 ist es geworden, ich wollte einfach etwas kleines und leichtes für Unterwegs und in der Freizeit, wenn ich nicht den Boliden spazierentragen möchte. Und ich muss zugeben, diese „kleinen Dinger“ sind inzwischen ziemlich erwachsen geworden. War bei ISO 400 früher Schluß, so geht da nach oben noch einiges.
Insgesamt macht die kleine viel Spaß. Einzig die Akkulaufzeit, da bin ich von der Nikon mit Batteriegriff und somit zwei nutzbaren Akkus doch sehr verwöhnt. Wie Du schon schreibst, irgendwo zwischen 300 und 350 Fotos ist dann einfach Schluß.
Hallo Christian,
ja die NEX soll auch sehr gut sein… Gibts denn da auch gute Objektivauswahl? Das schöne bei MFT ist ja die breite Palette an guten Objektiven und mittlerweile sind auch einige Festbrenner im Sortiment. Ich hab mich auf das 12mm f2 / 25mm f1.4 und das 45mm f1.8 eingeschossen. Und egal wo man sich im Internet erkundigt, die Teile werden überall gelobt, und zwar auch von doch sehr verwöhnten Leica-Fotografen wie Peter Lueck.
Ich habe mir kürzlich die Olympus E-PL5 zugelegt, für Situationen wo ich die D700 nicht mitschleppen mag. Ich war auch beeindruckt, was der „kleine“ Sensor so alles abliefert, nur bei höheren ISO Werten sehe ich meinen Nikon 1-2 Blenden weiter vorne. Wenn man noch das ganze Angebot an Objektiven betrachtet, die für MFT mittlerweile vorhanden sind, sind sie meiner Meinung nach echte Konkurrenten für APS-C DSLRs!
Hallo Bruno,
ja, die D700 ist wirklich gut, aber für eine Beurteilung fehlen mir einfach die Erfahrungen mit der Kamera. Ich sehe aber nicht nur die Konkurrenz zu APS-C DSLRs, sondern auch zu KB. Zumindest sieht meiner Meinung nach die Sache mit der 5D Mark II so aus, das sie bis auf wenige bestimmte Anwendungen problemlos ersetzt werden könnte und ich denke bei der D700 und anderen KBs ist es nicht viel anders.