Ich habe ja in den letzten Jahren diverse Hochzeiten fotografiert, wobei ich immer mit Canon Gehäusen (und meist) mit L-Linsen gearbeitet habe. Nach meinem Systemwechsel auf die Pansonic GH4 bzw das MFT System war ich neugierig, ob auch damit Hochzeitsfotografie möglich wäre…
Die Hochzeit eines Freundes bot sich dafür an und ich wollte die Hochzeit mit MFT Kameras begleiten, wobei sich mir die Frage stellte, wie nah ich an die Ergebnisse aus meiner Canon-Ära rankommen würde.
Das Equipment
Gegen Ende der Canon-Zeit sah mein Equipment für diesen Anlass folgendermaßen aus :
- Canon EOS 6D und 5D Mark II (ab und zu auch 7D)
- Canon EF 16-35mm f2.8L
- Sigma 35mm f1.4 Art (zwischendurch auch das EF 50mm f1.4)
- Canon EF 85mm f1.2L
Das Lineup aus dem MFT-Lager sah folgendermaßen aus :
- Panasonic GH4
- Olympus PEN E-PM2 (vorrangig als Backup)
- Panasonic 7-14mm f4 (entspricht 14-28mm an KB)
- Olympus 25mm f1.8 (entspricht 50mm an KB)
- Olympus 45mm f1.8 (entspricht 90mm an KB)
Die Brennweitenabdeckung war also nahezu identisch zu meinem Canon-Werkzeug, so das ich mich in „bekannten Gebiet“ aufhielt und keinerlei Umstellungen nötig waren.
Obwohl, doch… Eine Umstellung gab es, denn ich musste mich vor der Hochzeit intensiv in die Bedienung der beiden Kameras einarbeiten, denn wenn man auf der Hochzeit sich anfängt, über die Bedienung oder bestimmte Einstellungen Gedanken zu machen, ist es zu spät. Und während ich die Canon Gehäuse blind bedienen konnte, fehlte mir die Routine bei den MFT Kameras komplett.
Die Bedenken
Rauscharmut
Bereits beim Test der Olympus OM-D hier im Blog war ich wirklich sehr angetan von der Bildqualität und der Rauscharmut des (im Vergleich zum KB) kleinen MFT Sensors. Über die nicht so gute Freistellung machte ich mir jedoch auch schon damals Gedanken.
Während die kleine PEN ebenfalls ein recht gutes Rauschverhalten von Haus aus mitbringt (gleicher Sensor wie die OM-D E-M5) hat die GH4 in Sachen Rauschen keinen so guten Ruf. Ob das funktionieren kann?
Wird es, denn auch mit einer 5D Mark I (aka Queen Mum) konnte ich sehr emotionale Fotos auf Hochzeiten machen, und da war bereits bei ISO3200 Schluss – das klappte auch, und wenn das Rauschen als Stilmittel integriert wird (klappte bei der 5D1 sehr gut).
Lichtstärke
Die Lichtstärke von Objektiven ist ebenfalls ein (in meinen Augen) wichtiger Faktor für die Hochzeitsfotografie, nicht ohne Grund nutzte ich das 16-35 2.8 sowie Festbrennweiten mit einer Offenblende von f1.4 und f1.2 (okay, die Freistellung war natürlich auch ein wichtiger Grund).
Bei der Lichtstärke muss ich bei meinem ausgewähltem Equipment etwas Abstriche machen, so fehlt mir beim UWW eine Blende Licht gegenüber dem 16-35mm von Canon, bei den Festbrennern sind es 2/3 Blende (f1.4 zu f1.8) bzw 1 Blende Unterschied (f1.2 zu f1.8).
Mit etwas mehr Kleingeld beim Equipmentkauf hätte ich den Vorteil der EF-Festbrennweiten verschwinden lassen (zB durch den Einsatz des Panasonic 42,5mm f1.2) oder sogar zum Vorteil für das MFT System wandeln können. Ich sag nur Einsatz der beiden Voigtländer Nokton Objektive mit 25mm und 42,5mm Brennweite und mit einer Offenblende mit f0,95(!).
Ok, hätte, hätte, Steuerkette – hab ich aber nicht und daher musste ich halt mit dem klar kommen, was ich nun einmal hier stehen habe.
Groß = Besser = Profi ?
Was auch noch erwähnt werden sollte ist der Umstand, dass weder die GH4, noch erst Recht die E-PM2 nach „Profi-Kamera“ aussehen, leider geht er Unwissende (und viele DSLR-Fanatiker (idR fast immer Hobby Knipser) immer noch davon aus, das größer = besser ist – davon kann auch Blogger und Fotograf Heiko Keim ein Lied singen, der mit der Olympus OM-D auf einer Hochzeit ähnliche Erfahrungen gemacht hat.
Was auf kommerzieller Ebene ein echtes Problem darstellen kann (wir erinnern uns : kleine Kamera = schlechte Fotos) und bei Brautpaaren zu Irritationen führen kann („wen habt ihr denn da gebucht, wenn ich dem seine Kamera sehe, da mache ich mit meiner Canon XYZD klar die bessren Bilder, das ist doch kein Profi!“) war für mich kein Problem, denn das Brautpaar kennt mich seit Jahren und wusste, was es für Fotos bekommt 🙂
Und was ist mit Licht ?
Während ich bei Canon entsprechende E-TTL Aufsteckblitze im Einsatz hatte, hab ich mir für das MFT-System noch keine Blitze gekauft (macht ja auch nicht so viel Sinn wenn der Schwerpunkt auf Video liegt). Aber Party-Bilder ohne Blitz?
Mit einem kleinen Kniff konnte ich meinen Yongnuo E-TTL Blitz dazu überreden, mit der GH4 zusammen zu arbeiten, etwas Tesafilm auf den Blitzschuh geklebt (natürlich nicht den Mittenkontakt) und schon arbeitete der Yongnuo im manuellen Modus klaglos mit der GH4 zusammen.
Die Praxis
Die erste Erkenntnis kam beim Packen der Ausrüstung, denn Fotoequipment für eine Ganztags-Hochzeitsreportage kann tatsächlich auch leicht und kompakt sein, vorbei die Tage der Schlepperei von gut 5-6 Kilo Canon Equipment, dazu passt alles in eine geradezu niedliche Umhängetasche.
Ein echtes Highlight bei der Hochzeit war die Möglichkeit, die Kamera per Touchscreen auszulösen, wobei der AF auch gleich dort gesetzt wurde, wo man hingetippt hat, also Kamera hochziehen, auf den gewünschten Bereich der scharf sein soll tippen, KLACK – Foto!
Mit einer DSLR hätte ich einige Schnappschüsse so in der Schnelle einfach nicht einfangen können (Sucher an das Auge führen, ggf AF Feld verschieben und auslösen dauert dafür einfach zu lange).
Apros pros Autofokus : Der Autofokus des MFT Systems ist schnell. Extrem schnell. Rasend schnell. Abends auf der Party kam es hier und da zu Pumpeffekten, welche aber nicht in der Masse auftraten und auch an nicht so lichtstarken Canon Objektiven/Festbrennern auftreten können, der Ausschuss in der Kirche / auf der Party durch Fehlfokussierung war nicht höher als ich es von Canon gewohnt war.
Die Partybilder gelangen wie gewohnt, der Blitz arbeitete zuverlässig (wie die Kamera) im manuellen Modus, so das ich wie gewohnt meine „dynamikreichen“ Tanzbilder einfangen konnte.
Die Ergenisse und das Fazit
Ergebnisse
Unten habe ich ein paar Fotos von der Hochzeit gepostet, ich (und auch das Brautpaar) bin mit den Ergebnissen sehr zufrieden und die abgelieferte Bildqualität muss sich nicht hinter denen aus der Canon-Ära verstecken.
Da die PEN den rauschärmeren Sensor von beiden Kameras hat, habe ich dort auch in der Kirche das 7-14 f4 eingesetzt, was wirklich gut geklappt hat. Natürlich war die helle Kirche von Vorteil (in dunklen/kleinen Kirchen sollte man schon f2.8 haben), ich konnte problemlos mit ISO 1600 arbeiten, vereinzelt auch 3200 was aber an der PEN immer noch brauchbar war.
Wie schon oben angedeutet, kommt das MFT System einfach nicht an die Freistellung einer KB Kamera mit entsprechend lichtstarker Festbrennweite ran (nach wie vor meine Referenz : Vollformat-DSLR mit 85mm f1.2) aber muss es das überhaupt ?
Sieht das der Kunde wirklich oder reicht da auch „nur“ f1.8 (oder auch f1.2) an MFT um das Brautpaar glücklich zu machen?
Das die Bearbeitung unter Adobe Lightroom bei den RAW Dateien der Olympus bzw Panasonic identisch zu der von Canon ist, sollte einleuchten.
Fazit
Kann man nun mit MFT / Micro Four Thirds Hochzeiten auf hohem Niveau fotografieren ?
Ich sage : Ja! Wie eine Canon oder Nikon DSLR ist es nur ein Werkzeug um seine Vorstellungen umsetzen zu können, und das geht mit modernen spiegellosen Kameras genau wie mit DSLRs.
Sicherlich ist die Art zu fotografieren für mich aus Canon Zeiten nicht komplett übertragbar (Stichwort Freistellung) und Bedarf hier und da einer anderen Herangehensweise, aber die kleinen Kameras sind in der Lage „großes Kino“ zu produzieren
Ich würde ohne Probleme und Bedenken die Hochzeitsfotografie mit MFT Kameras auch kommerziell anbieten, wenn auch dann eher mit Olympus Gehäuse (da aktuell mMn noch das bessere Rauschverhalten im MFT Bereich) sowie leicht geändertem Objektiv-Setup (Olympus 7-14 f2.8 / Panasonic 25mm f1.4 und Panasonic 42,5mm f1.2).
Und mal ehrlich, was ist denn am Ende des Tages dem Brautpaar wirklich wichtig? Das der Fotograf sich an Equipment totgeschleppt hat? Das nur „L“s eingesetzt wurden? Das die Kamera rauschfrei bei ISO12800 arbeitet? Natürlich nicht!
Das Brautpaar erwartet tolle Fotos, die ihren Tag so wiedergeben, wie er stattgefunden hat und wenn das Ziel erfüllt ist und bei der Betrachtung der Fotos pure Begeisterung raussprudelt, fragt auch keiner mehr nach der Technik. Ziel erfüllt 🙂
Die Erfahrungen, welche ich mit dem MFT System auf der Hochzeit gesammelt habe untermauern meine Meinung, das digitale Spiegelreflex-Gehäuse in naher Zukunft deutlich an Bedeutung verlieren werden und auf längere Sicht nur noch für bestimmte Bereich attraktiv sein werden.
4 Antworten auf „Hochzeiten fotografieren mit Micro Four Thirds ?“
Hi und danke für den Artikel. Ich werde im August meine erste »MFT-Hochzeit« fotografieren und bin schon sehr gespannt wie sich meine GX7 schlagen wird. Dabei habe ich zwei Lichtstarke FBs mit 20 und 60mm, dazu hole ich noch ein Panasonic 45-150 und einen gescheiten Blitz.
Da ich zuvor jahrelang eine Nikon D200 und D300 mit diversen Gläsern rumschleppte, bin ich am neuen Equipment doch sehr froh. Zumal… die Bildqualität, mit Verlaub, aber ich persönlich bin begeistert.
Nur mal so 🙂
Hallo Michael,
wie hat es mit der GX7 auf den Hochzeiten geklappt ?
Hallole,
hat Dir bei deinen Arbeiten nie die echten ISO 100 gefehlt ? #
Gruß Rüdiger
Ein sehr interessanter Blog Artikel! Vielen Dank hierfür 🙂 Schöne Grüße, Nick Freund