Nachdem mein Kontakt mit dem 50mm f1.4 von Sigma im Mai 2011 nicht gerade positiv verlaufen war (siehe Blog-Artikel) war ich zugegebener Weise Sigma Objektiven gegenüber kritisch eingestellt. Wie bereits im Dezember letzten Jahres geschrieben, habe ich mich doch wieder an eine Festbrennweite aus dem Hause Sigma „heran getraut“.
Hintergrund : Ich war Ende 2013 auf der Suche nach einem guten 35mm Objektiv, welches sehr lichtstark und mit guter Bildqualität ausgestattet sein sollte. Nachdem ich ein wenig den Markt sondiert hatte, blieben für mich nur das Canon EF 35mm f1.4L USM sowie das Sigma 35mm f1.4 DG HSM Art übrig.
Das 35er „L“ von Canon hatte ich 2011 schon einmal in meinem Besitz, hatte es aber wegen mangelnder Nutzung nach ein paar Wochen wieder veräußert und hauptsächlich mit dem 50er fotografiert. Gut, die fotografischen Schwerpunkte haben sich seit 2011 geändert und ich suchte nun nach einer passenden Ergänzung zu meinem EF 85mm 1.2L USM (das 50er ist einfach zu nah am 85er dran). Es sollte also wieder ein 35er mit Lichtstärke f1.4 her.
Bei dem Vergleich beider 35mm Festbrenner bei Amazon stach vor allem der Preis des Sigma hervor, eine Ersparnis von 500 Euro zum Canon ist natürlich ein Argument.
Auf der anderen Seite hatte ich jedoch noch grau die AF Problematik des 50mm 1.4 im Hinterkopf.
Den Ausschlag für die Entscheidung zu Gunsten des Sigmas lieferte das USB Dock aus gleichem Hause, welches lt. Hersteller die nachträgliche AF Feinjustierung moderner Sigma Objektive ermöglicht und so ein Einschicken von Objektiv+Body zur Justage überflüssig macht. Und die rund 50 Euro für das USB-Dock waren durch die Ersparnis gegenüber dem Canon locker drin. Als Exitplan gab es ja noch die Möglichkeit der Rücksendung….
Review Sigma 35mm f1.4DG HSM Art
Lieferumfang
Die Festbrennweite wird Sigma-typisch in einer Transporttasche geliefert, welche mittels Reißverschluss Zugang zum Objektiv gewährt. Neben der Garantiekarte findet sich im Karton natürlich noch das Objektiv sowie (vorbildlich!) eine passende Streulichtblende.
Technische Daten
Das Objektiv hat eine feste Brennweite von 35mm (an Crop-Kameras wie der 7D, 70D etc ergibt das 56mm) und fällt daher in die Kategorie „Normalbrennweite“. Durch die Brennweite ist es ein Objektiv für so ziemlich jede Lebenslage, nicht umsonst sind 35mm in der Reportage- bzw. Streetfotografie sehr beliebt.
Die Lichtstärke ist sehr gut, auch für mehr Geld ist aktuell am Markt bei 35mm nichts besseres mit Canon Anschluss zu bekommen. Portraits sind mit der Linse sehr gut möglich und auch die Freistellung überzeugt.
Die Naheinstellgrenze beträgt 30cm, was nicht wenig ist – Makroaufnahmen sind mit diesem Objektiv nur sehr bedingt möglich.
Der Autofokus-Motor arbeitet schnell und sehr zuverlässig, eine manuelle Fokussierung ist ebenfalls möglich (AF/MF Schalter ist am Objektiv vorhanden) wenn auch der Focusring zwar satt, aber etwas schwergängig läuft. Das kann bei Videoaufnahmen zu Verwacklern führen. Der Motor ist fast nicht hörbar und daher das Objektiv auch für kritische Situationen (Trauung Kirche bei absoluter Stille) ohne Einschränkung und bösen Gesichtern der Gäste/des Pfarrers 100% verwendbar.
Das Filtergewinde hat einen Durchmesser von 67mm, der Tubus dreht beim Fokussieren nicht, das Objektiv eignet sich dadurch für zirkulare Polfilter.
Das Objektiv ist nicht gerade klein, was aber der Lichtstärke und den damit verbundenen Glaselementen geschuldet ist (Durchmesser 77mm x Länge 95mm) ,wiegt dadurch auch 698 Gramm (mit Streulichtblende und ohne Deckel) und besitzt natürlich ein Metallbajonett.
Das Objektiv besitzt 9 gerundete Blendenlamellen, was auf ein schönes Bokeh deuten lässt.
Haptik
Die Sigma Festbrennweite wirkt hochwertig verarbeitet, auch der verwendete Kunststoff wirkt stabil. Die allgemeine Verarbeitung ist tadellos, nichts hat Spiel (Fokusring) oder wirkt billig. Der Fokusring läuft satt, aber meiner Meinung nach etwas zu schwergängig.
Optische Leistung
Mein Exemplar ist schon ab Offenblende schön knackig scharf, es legt beim Abblenden auf F2.0 etwas zu. Auch die Ränder weisen offen eine gute Schärfe auf – in meinen Augen absolut offenblendtauglich (und dafür habe ich es auch gekauft).
Verzerrung : So gut wie nicht wahrnehmbar und eine Entzerrung am PC meines Erachtens nach Zeitverschwendung (es sei denn das das Foto nur aus parallelen Linien besteht)
Vignettierung : Bei kleinen Blendenzahlen vorhanden, aber in meinen Augen absolut vernachlässigbar und für den Praxiseinsatz in der Peoplefotografie nicht relevant (unterstützt eher meine Bildsprache)
Pixelpeeper und Testchartfotografen werden die Abschattung bemängeln (unter bestimmten Bedingungen und bei kleiner Blendenzahl), welche aber problemlos am PC entfernt werden kann. Aber wie gesagt – für mich kein Thema.
Chromatische Aberration : Bei Offenblende und extremen Kontrastkanten können leichte CAs auftreten, welche aber mit Lightroom problemlos korrigierbar sind.
Bokeh : Oh ja, das Sigma kann Bokeh – und wie. Wenn ich mir alte Fotos von meinem EF 35mm f1.4L anschaue ist das Sigma in meinen Augen deutlich cremiger (das Canon ist aber auch gut). Gefällt mir sehr sehr gut.
Kontraste und Farben : Definitiv auf Canon L-Niveau, wobei ich die Kontraste sogar etwas knackiger finde als zB beim 85L
Praktische Erfahrungen
Ehrlich? Ich habe mich in das 35mm verliebt und seit Dezember ist es mein Immerdrauf an meiner Canon 6D. Die Ergebnisse, die dieses Objektiv liefert, begeistern mich immer wieder und auch die Brennweite von 35mm habe ich in den letzten Wochen in mein Herz geschlossen. Mittlerweile durfte das Sigma bereits bei einigen Shootings zeigen was sie kann und die Ergebnisse haben mich kein Mal enttäuscht.
Achja, da war ja noch was… Genau, der Autofokus… 😉
Aus meiner Begeisterung für dieses Objektiv lässt sich wohl erkennen, das der Autofokus trifft – immer, bei jedem Licht und das an allen Gehäusen (5D Mark II, 6D und 7D) ohne AF Feinjustierung. Dazu ist er sehr fix und so gut wie nicht zu hören.
Und das USB Dock ?
Das habe ich mal zum Spielen ausgepackt und in Betrieb genommen aber keinerlei Veränderungen im Objektiv abgespeichert, da der Autofokus ab Werk einfach gut eingestellt ist – never change a running System 😉 Behalten habe ich das Dock trotzdem….
Fazit
Das Sigma 35mm f1.4 DG HSM Art ist einfach eine tolles Objektiv. Punkt.
Lichtstärke, Verarbeitung, Bildqualität und auch der Preis ergeben in meinen Augen ein perfektes Gesamtpaket. Ich kann jedem Fotografen, der auf der Suche nach einer 35mm Festbrennweite ist, nur empfehlen, dem Sigma eine Chance zu geben – es wird sicherlich eine positive Überraschung.
Beispielbilder
Zu guter Letzt noch eine bunte Mischung an Fotos (teilweise schon gezeigt), welche mit dem Sigma entstanden sind (werden hier und da erweitert) ….
3 Antworten auf „Review : Sigma 35mm f1.4 DG HSM Art“
Danke für den tollen Erfahrungsbericht!
Kannst Du zufällig was zum direkten Rivalen Canon 35mm f2.0 IS sagen?
Über die Schärfe bin ich mir im Klaren, reden wir eher von Kontrasten/Farben/“3D“-Look . Schärfe ist ja nicht alles (über Bokeh lässt sich streiten, ok 🙂 )
Danke und schönen Gruß
Moin Leon,
sorry, zum f2 IS fehlen mir die Erfahrungen. Ich hatte es in der engeren Wahl, habe mich aber dann doch wg der Blende mehr Licht zu Gunsten des Sigmas entschieden.
Sollte ich das neue Canon 35mm f2 mal in die Hände bekommen, werde ich es natürlich einem Test unterziehen 🙂
Also ich habe das Sigma auch 3 Wochen getestet und war begeistert, in Kombination mit der 6D waren die Bildergebnisse überragend gut. Da ich aber vermehrt im Netz diese AF Problematik laß konnte ich mich nicht durchringen das Teil zu kaufen, falls mein Freund, von dem ich es geliehen habe es verkaufen möchte, würde ich zuschlagen.