Lange hat die Canon User Gemeinde drauf gewartet, nun ist sie bereits seit wenigen Wochen erhältlich – die neue 50mm Einsteigerfestbrennweite (auch gern Nifty Fifty genannt). Obwohl auch der Vorgänger optisch schon sehr ordentliche Leistungen ablieferte war die haptische Anmutung einem 1Euro Spielzeugauto deutlich näher als der eines Objektives – wird der nun erschienene Nachfolger in die gleiche Kerbe schlagen ?
Schauen wir uns das Canon EF 50mm f1.8 STM also mal genauer an…
Preis / Lieferumfang
Aktuell wird das Objektiv im Handel / Internet bei ca 130 Euro angeboten, wobei der Vorgänger sich die letzten Jahre bei gut 110 Euro eingependelt hatte (natürlich jeweils ohne Streulichtblende).
Der Lieferumfang ist schnell aufgezählt, neben dem Objektiv und den obligatorischen Beipackzetteln sind natürlich für vorne und hinten entsprechende Staubschutzdeckel dabei, das war es dann auch schon wieder.
Stichwort Streulichtblende : Aktuell (22.06.2015) konnte ich bei keinem Internethändler die passende Streulichtblende ( Canon ES-68 ) als Lagerware finden, es war überall mindestens eine Lieferzeit von 1 Woche oder mehr angegeben. Da der Preis von 30 Euro mehr als unverschämt ist (gerade in Relation zum Preis des Objektives) kann ich nur hoffen, das schnellstens Nachbau-Geli´s auf den Markt kommen. Soweit ich das erkennen konnte, passen auch die Streuchlichtblenden (gern auch als Gegenlichtblende bezeichnet, was aber völliger Quatsch ist) der anderen Canon 50mm natürlich nicht.
Warum die Streulichtblende in diesem Fall aber extrem wichtig ist, schreibe ich noch weiter unten.
Haptik / Abmessungen / Naheinstellgrenze
Trommelwirbel……… JA – Das neue STM ist ordentlich verarbeitet!
Neben einem nun wieder verbauten Metallbajonett ist das Objektiv endlich so verarbeitet, wie man sich das bei einem Modell in der 100 Euro Klasse vorstellt. Der Kunststoff wirkt zwar schon preiswert, aber nichts klappert und auch er Fokusring läuft ordentlich. Wenn man etwas dem Objektiv ankreiden kann, dann das der Fronttubus, wenn er komplett ausgefahren ist, etwas Spiel hat, aber so etwas ist meiner Meinung nach für den Preis akzeptabel.
Das Objektiv selber wiegt 159 Gramm (ohne Deckel und Streulichtblende), misst ca. 70mm im Durchmesser (Filteraufnahme 49mm) und hat eine Höhe von ca 57mm (Bajonett bis zum max. ausgefahrenen Tubus).
Die Naheinstellgrenze liegt bei 35cm
Filtergewinde : Am 50mm STM können Filter mit einem Gewindedurchmesser von 49mm befestigt werden. Der Tubus dreht beim fokussieren nicht mit, so das Polarisationsfilter aller Art problemlos genutzt werden können.
Optische Störungen
Das man bei einem 130 Euro Objektiv nicht die gleichen Korrekturen wie bei einem 1000€ L-Glas erwarten kann, sollte jedem klar sein. Es zeigt sich das „kleine“ 50er trotz des günstigen Preises ordentlich korrigiert ist.
Verzeichnung : Es gibt eine kleine tonnenförmige Verzeichnung, welche aber in der Praxis (und damit meine ich kein Karopapier oder Backsteinmauer) nicht auffällt. Korrektur am Rechner problemlos möglich.
Vignettierung : Gibt es natürlich und auch deutlich sichtbar, aber entweder man setzt es als Stilmittel ein oder korrigiert auch das am Rechner. Easy.
Purple Fringing / Chromatische Abberationen : Gibt es auch, aber erstaunlich gut korrigiert (kein Vergleich zum bereits 2011 von mir getesteten EF 85mm f1.8 ,welches bei Offenblende schon recht fies ist). Auch hier hilft der Computer, entweder automatisch oder per Hand (die Pipette in Lightroom ist auch dein Freund).
Autofokus Geräusch und Geschwindigkeit :
Auch der Autofokus des Vorgängers war ein großer Schwachpunkt, klang er doch eher nach „China Spielzeug in den letzten Atemzügen“ als nach optischer Feinmechanik, neben einer eher mageren Treffsicherheit bei ungünstigem Licht war auch die Lautstärke niemanden wirklich zumutbar.
Fokusgeräusch : Der Autofokus ist zwar hörbar aber auf so einem geringen Niveau, das es beim fotografieren nicht als störend empfunden wird (und ich hatte das Teil schon in der Kirche im Einsatz). Für Videofilmer könnte gerade bei O-Ton über das eingebaute Mikrofon das AF Geräusch schon zu laut sein – und warum hier auch kein manueller Fokus hilft, erkläre ich gleich.
Geschwindigkeit : geht in Ordnung, ist nicht vergleichbar mit den USM Objektiven aber für die meisten Lebenslagen mehr als ausreichend.
Treffsicherheit : Passt bei mir, so gut wie kein Ausschuss auch unter eher ungünstigen Lichtverhältnissen (getestet an der EOS 6D und 5D Mark II), wobei natürlich auch die Kamera hier mit reinspielt.
Manuellen Fokus : gibt es natürlich auch nur ist das ein Hybrid, soll heißen mit dem Fokusring verschiebe ich nicht direkt das Glas sondern gebe ein Signal an den AF-Motor, welcher dann die Linsen vor und zurück bewegt. Sowas kenne ich selber nur vom EF 85mm f1.2. Da der Motor so immer bei der Fokus Verstellung arbeitet (also egal ob Autofokus oder manueller Fokus) ist das Objektiv bei Filmern, welche oft den O-Ton direkt an der Kamera aufgenommen nutzen, keine Option.
Der Fronttubus fährt beim Autofokus sichtbar vor und zurück und steht maximal gute 12mm weit raus. Und genau deswegen zwingt sich der Einsatz einer Streulichtblende förmlich auf, denn wenn das Objektiv Stöße auf den Tubus bekommt, könnte ich mir sehr gut vorstellen, das es dann auch sofort den AF zerlegt. Ich habe es zwar nicht ausprobiert, aber beim 50mm 1.4 (siehe auch meinen Testbericht) aus dem gleichen Hause war und ist das ein ganz großes Problem, von daher lautet generell die Parole : Immer die Streulichtblende dran!
Bokeh
Die Unschärfe im Hintergrund finde ich gut bzw. für die Preisklasse erstaunlich gut, bei Offenbarende ist Kreise zwar nicht wirklich Kreise, aber auch nicht wie bei anderen Objektiven Vielecke. Der ein o. andere mag dem STM einen Hang zur leichten Nervosität in der Unschärfe unterstellen, aber Leute – immer den Preis im Auge behalten. Wer 1a sahneweiches Bokeh haben möchte, der muss auch ein vielfaches ausgeben – Isso!
Das 50mm f1.8 in der Praxis
Obwohl ich das neue 50er schon seit zwei Wochen mein Eigen nenne, kommt erst jetzt der Testbericht. Die Frage nach dem Warum ist schnell beantwortet, denn ich wollte es auf jeden Fall noch auf einer Hochzeit unter den unterschiedlichsten Lichtbedingungen testen, zum einen um zu sehen wie das Bokeh in Reallife rüber kommt und zum anderen wie die Autofokusperformance unter eher miesen Lichtbedingungen so abschneidet.
Wie oben bereits geschrieben war ich von der Zielsicherheit des Autofokus bei ungünstigem Licht doch sehr positiv überrascht (getestet an der 5D Mark II und 6D bei bis zu Iso 6400, teilweise mit AF Hilfslicht vom Aufsteckblitz), ein AF Pumpen wie ich es noch gut von der 3x so teuren f1.4 Version kenne trat den ganzen Tag keine 10 Mal auf und der AF fing sich dann auch recht schnell.
Die Zielsicherheit des Autofokus ist auch gut, wobei die Ausschussquote bei sinkender Helligkeit ansteigt, aber auch das ist normal und kennt man von mehrfach so teueren Objektiven aus dem Hause Canon
Die Lautstärke des Autofokus empfinde ich als nicht störend und auch während der Trauung in der Kirche bin ich damit nicht negativ aufgefallen.
Achja, die Bildqualität…. Da ich Praktiker bin und kein Pixelpeeper, der sich abends MFT Charts unter das Kopfkissen legt, bin ich mit der optischen Leistung schon bei Offenblende mehr als zufrieden, besser kenne ich es auch nicht von der 1.4er Version oder vom 85mm 1.8. Sicherlich gibt es kontraststärkere Linsen aber auch hier muss der Preis beachtet werden und da ich generell im RAW Format fotografiere ist das auch mit 1-2 Klicks am Rechner erledigt. Das die Schärfe im Randbereich bei Offenblende abfällt ist auch klar, ab f4 sind bei meinem dann auch die Ränder knackscharf.
Zusammenfassend kann ich sagen, das ich das Objektiv durch die Bank empfehlen kann und es auch wieder ohne schlechtes Gewissen auf einer Hochzeit mit seinen herausfordernden Lichtsituationen einsetzen würde.
Fazit : Gut gemacht, Canon, mit dem EF 50mm f1.8 habt ihr einen Nachfolger auf die Beine gestellt, der den Namen Canon nun auch ohne Schamesröte tragen darf. Für den Preis gibt es bei den Festbrennweiten mit Autofokus aktuell einfach keine Alternative und das 50er sollte einfach in keiner Fototasche fehlen.
Aber der Preis für die Streulichtblende ist und bleibt trotzdem eine ganz große Frechheit.
Fotos
Zum Schluss noch ein paar Fotos, welche bei der Beurteilung des Bokehs helfen sollen (ist ja eher ein subjektiver Parameter), alle Fotos bei Offenblende an der EOS 6D oder 5D Mark II
7 Antworten auf „Review : Canon EF 50mm f/1.8 STM“
[…] neue Canon EF 50mm f1.8 STM (siehe mein Review) z.B. hat keinen echten manuellen Fokus, der Fokusring steuert lediglich den Autofokus Motor an […]
Hallo Daniel,
das 50er STM verwende ich auch. Wie du an einer EOS 6D. Für mich ist es mehr als ein guter Kompromiss zu den deutlich teureren Gläsern „unserer“ Marke. Das STM macht in meinen Augen einen wirklich exzellenten Job. Überhaupt gibt es einige Gläser von Canon, die vergleichsweise kleinpreisig sind, dabei aber eine richtig gute Leistung bringen. Mir gefallen vor allem das 35er mit Bildstabilisierung und das 85er f/1,8
Moin Jörn, ja das STM ist (im Gegensatz zu diversen neuen Gehäusen/Objektiven) von Canon absolut seinen Preis wert. Das 85er habe ich auch immer gerne benutzt, obwohl ich bei Offenblende das 100/f2 von Canon besser finde, da weniger CA/PF
Das 100er kenne ich noch nicht. Ich habe nur gesehen, dass es viele gute Rezensionen bekommen hat. Irgendwie sind 85mm für mich inzwischen die längste Brennweite, die ich häufig nutze. Mein 135er kommt immer seltener zum Einsatz. So eine Entwicklung habe ich nicht kommen sehen.
Das ist aber normal… Ich hab auch einige Jahre rumexperimentiert, bis ich „mein“ Objektivsetup gefunden hatte, welches dann aus 16-35 , 35 und 85 bestand 🙂
Ah! Dann hast du dich für ein sehr ähnliches Spektrum entschieden! Ich habe das 17-40mm als Weitwinkel.
Das hatte ich auch lange im Einsatz, hab mich dann aber später wg der einen Blende mehr Licht für das 16-35 entschieden…. Aber die Canon-Tage sind bei mir mittlerweile auch schon seit über einem Jahr vorbei.